Ten Minutes Til You
(Times of Love #2)
Leseprobe
Prolog
Zwei Wochen zuvor
Feuchte Lippen fuhren an meinem Nacken entlang. Eine Gänsehaut überzog meinen Rücken und die feinen Härchen stellten sich auf. Leises Lachen erklang.
»Das gefällt dir, hm?« Plumpe Finger streiften meinen Körper entlang und umfassten meine Brüste. Zu unkoordiniert, zu gierig, zu grob. Ich sagte nichts. Die Finger zerrten an meinen Brustwarzen, kneteten mein Fleisch, während ich an die Wand starrte.
Der Schein der Straßenlampe fiel durch einen Spalt im Fensterladen in mein Zimmer und erleuchtete die Hände, die sich gerade an mir gütlich taten. Es wirkte ein bisschen wie ein verdammtes Scheinwerferlicht.
»Mickey.« Ich seufzte und umfasste seine Finger, um sie davon abzuhalten, tiefer zu wandern.
»Was ist? Stellungswechsel?« Mir die Tatsache zunutze machend, dass ich mit dem Rücken zu ihm lag, verdrehte ich die Augen.
»Hör auf«, sagte ich und löste mich von ihm. Ich rutschte zur Kante meines Bettes, was bei den schmalen 90 Zentimeter der Matratze schnell ging, und schnappte mir eines meiner geliebten karierten Hemden vom Boden. Während ich aufstand und es mir über den Kopf zog, hörte ich, wie sich auch Mickey aufsetzte.
»Was ist los, Honigtöpfchen?«
Ich biss die Zähne zusammen. Allein wegen dieses vermaledeiten Spitznamens hätte ich das hier schon vor Monaten tun sollen. Warum in aller Welt hatte ich so lange gewartet?
Ich ging die wenigen Schritte durch mein Zimmer zu dem kleinen Schreibtisch, der auf der anderen Seite des Raumes stand. Dort schaltete ich die kleine Lampe ein. Der Raum war so klein, dass es keinen Platz für einen Nachttisch gab, deshalb war die Schreibtischlampe neben der Deckenbeleuchtung die einzige Lichtquelle. Als ich mich zum Bett umdrehte, hatte Mickey seine hageren Beine über den Bettrand geschwungen, die Bettdecke lose über seinen Schritt gelegt. Ich schloss kurz die Augen und erinnerte mich daran, warum ich das hier tun wollte. Warum ich das hier tun musste.
Tief durchatmend öffnete ich die Augen wieder und sah ihn an. Er blickte mit seinem treudoofen Hundeblick zurück, der mich irgendwann noch wahnsinnig machen würde. Ich verstand einfach nicht, wie er mich dermaßen anbeten konnte. Ich hatte nichts, aber auch gar nichts getan, womit ich diese Gefühle verdiente. Im Gegenteil - oft genug regte er mich so sehr auf, dass ich unabsichtlich gemein zu ihm wurde und ihn auf Abstand halten musste, bis ich mich beruhigt hatte und seine Nähe wieder ertragen konnte. Er hingegen nahm alles hin. Jede Geste, jedes Wort, jedes Gefühl, das ich ihm entgegenbrachte und das nicht im Geringsten mit seiner Zuneigung mithalten konnte.
»Das funktioniert nicht«, platzte es aus mir heraus, noch bevor ich Worte wählen konnte, die taktvoller gewesen wären. Seine Augen weiteten sich.
»Wie meinst du das?« Seine Stimme klang leise und er zog sich die Bettdecke ein Stück weiter über den Schoß. Ich verzog das Gesicht. Vermutlich hätte ich ihn sich zuerst etwas anziehen lassen sollen. Wem wollte schon gern nackt der Laufpass gegeben werden? Das war vermutlich noch demütigender als ohnehin schon. Ich klaubte seine Hose und Unterwäsche vom Boden auf und warf sie ihm zu.
»Zieh dich erstmal an«, bat ich ihn, aber er schüttelte stur den Kopf. Natürlich. Immer dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen konnte. »Bitte«, sagte ich eindringlich. »Wir sollten das nicht besprechen, wenn du nackt bist.«
Er runzelte störrisch die Stirn. »Ich verstehe überhaupt nicht, was wir besprechen müssen.«
Ich seufzte und kniff mir in die Nasenwurzel. Das hier würde vielleicht noch schwieriger werden, als ich befürchtet hatte. »Bitte, bitte, zieh dir etwas an.« Ein Blick aus dem Fenster sagte mir, dass es noch ziemlich früh war, vermutlich sogar noch vor sechs Uhr und ich verfluchte Mickey dafür, dass er mich geweckt hatte. Dieses Gespräch hätte ganz anders ablaufen sollen!
Als ich wieder zu ihm schaute, hatte er sich zumindest die Unterwäsche angezogen und sah mich nun mit trotzig vorgeschobenen Lippen an. »Also?«, fragte er und ich straffte mich.
»Das mit uns … das geht ja nun schon ziemlich lange und …«
»Heute ist es genau ein Jahr!«, unterbrach er mich und strahlte. Ich starrte ihn an.
»Tatsächlich?« Fuck, warum hatte ich das nicht gewusst? Okay, ich wusste, warum: Ich konnte - und wollte - mir Jahrestage und so etwas generell nicht merken, aber war das nicht ein scheiß Timing?
»Natürlich! Darüber würde ich doch keine Witze machen!« Empört sah er mich an und ich nickte schwach.
»Sicher, ja … aber hör mal … meinst du nicht …« Seit wann war das denn so schwer? Eigentlich war das hier doch nichts anderes, als ein Pflaster abzureißen. »Ich habe nicht den Eindruck, dass wir uns gegenseitig wirklich glücklich machen«, sagte ich schließlich. Und war das nicht die Wahrheit? Mit jedem Tag, den wir diese Farce einer Beziehung aufrechterhielten, nahmen meine Schuldgefühle mehr zu und ich wollte das keinem von uns länger zumuten.
Mickey runzelte die Stirn. »Bist du etwa unglücklich?«, fragte er bestürzt und verdammt, ich konnte quasi zusehen, wie sein Herz vor meinen Augen brach, dabei hatte ich die alles entscheidenden Worte noch nicht einmal ausgesprochen.
»Es tut mir leid«, sagte ich, unsicher, wie ich meine Gefühle am besten in Worte fassen sollte, ohne ihn noch mehr zu verletzen. »Ich denke einfach, für uns beide ist es besser, wenn wir Abstand voneinander halten. Ich meine … dauerhaft.« Großartig, Bee, in der Geschichte des Schluss-Machens landen diese Worte definitiv in den Top 10. Direkt hinter ›Wir haben uns auseinandergelebt‹ und ›Lass uns Freunde bleiben‹.
»Ich … verstehe nicht«, sagte er langsam. »Willst du mir nicht wenigstens eine Chance geben, es besser zu machen?« Hatte ich das nicht seit Monaten getan? Niemand konnte mir vorwerfen, dass ich zu schnell aufgab. Ich hatte ihm Tipps gegeben, Wünsche geäußert, ihm irgendwann einfach gesagt, was er tun sollte, als er es immer noch nicht verstanden hatte, aber auf Dauer war das alles keine Lösung.
»Mickey, bitte, sei ehrlich. Mache ich dich glücklich? Ich meine, wirklich?«
»Natürlich!« Die Antwort kam so schnell und ernsthaft, dass es mir beinahe das Herz brach. Kopfschüttelnd sah ich ihn an. Ich verstand nicht, wie zwei Menschen derart gegensätzliche Gefühle füreinander entwickeln konnten. Es war nicht so, dass ich ihn hasste, sicher nicht, aber das, was ich fühlte, war höchstens ein schaler Abklatsch von dem, was er anscheinend für mich empfand.
»Dann tut es mir umso mehr leid«, sagte ich leise und er sah mich verständnislos an. Offenbar hatte er immer noch nicht begriffen, worauf ich hinauswollte. »Ich beende das zwischen uns«, machte ich deutlich und jetzt, endlich, schien er zu verstehen. Seine Lippen formten sich zu einem ›O‹, aber kein Ton kam heraus.
Da ich nicht länger tatenlos herumstehen wollte, begann ich, die schmutzige Wäsche auf dem Boden einzusammeln. Mickeys Langarmshirt legte ich zu seiner Weste über meinen Schreibtischstuhl, den Rest warf ich in meine provisorische Wäschetonne am Fußende des Bettes.
»Kann ich denn gar nichts tun?«, hörte ich Mickeys Stimme schließlich und ich schüttelte den Kopf, ohne mich ihm wieder zuzuwenden. Ich für meinen Teil hatte alles gesagt. Ich hatte mich entschuldigt, hatte meinen Grund angegeben und die endgültigen Worte ausgesprochen - mehr gab es nicht zu sagen.
»Wirst du mich jetzt nicht einmal mehr ansehen?«, fragte er und ich warf ihm einen Blick über die Schulter zu. Sofort stand er auf, als er merkte, dass er wieder meine Aufmerksamkeit hatte und kam näher. Händeringend ging er um mich herum und blieb schließlich vor mir stehen. »Bitte gib mir noch eine Chance«, flehte er und ich schloss die Augen. »Ich kann es besser machen, aufmerksamer sein und … und dir mehr Geschenke kaufen!« Ich schüttelte den Kopf und öffnete die Augen wieder.
»Ich will keine Geschenke«, erklärte ich nachdrücklich. Er wirkte völlig verzweifelt. Sein blondes Haar war zerzaust und auf einer Wange war noch der Kissenabdruck zu sehen.
»Du hast alles getan, was du konntest, es ist einfach so, dass …«
»Nein! Nein, das stimmt nicht! Ich kann noch mehr tun! Gib uns nicht auf, Bee, komm schon!«
» - wir nicht zusammenpassen«, beendete ich meinen Satz ungerührt. Ich ging einen Schritt rückwärts, als er noch näher kam und Anstalten machte, mich zu berühren. »Lass es, bitte, Mickey. Mach es nicht noch schwerer, okay? Du bist ein guter Freund und dabei möchte ich es gerne belassen.«
Er starrte mich an. »Freunde. Das willst du also?«
Ich runzelte die Stirn. Hatte ich das nicht gerade gesagt? »Ja, genau. Ich würde mich freuen, wenn wir weiterhin Emberland zusammen spielen könnten«, schlug ich vor und lächelte ihn vorsichtig an. Er erwiderte mein Lächeln nicht, aber er hatte zumindest auch keine Einwände mehr, was ich als positives Zeichen deutete.
»Okay?«, fragte ich vorsichtig, als er nach einem Moment noch nichts gesagt hatte. Er hob abrupt den Kopf und nickte.
»Wenn du es so willst«, sagte er und seine Stimme hatte eine stählerne Note angenommen. Ich nickte ebenfalls. »Dann ist es wohl so.« Er drehte sich zu meinem Schreibtischstuhl und zog sich quälend langsam an. Es war, als ob er immer noch darauf hoffte, dass ich meine Meinung noch änderte, doch das würde nicht passieren. Dann, endlich, ging er zur Tür. »Wir sehen uns, schätze ich«, sagte er.
»Ganz bestimmt«, erwiderte ich und versuchte, die Erleichterung, die ich empfand, nicht allzu deutlich zu zeigen.
Ich war frei!
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Wenn du nur einen Klick von dem perfekten Moment entfernt bist – würdest du ihn auf dem Bildschirm oder in dein Leben lassen?
Geld, Ansehen, Luxus und Statussymbole – Bee ist das ganze Gegenteil der Welt, in die sie geboren wurde: tough, bodenständig, introvertiert und unabhängig. Doch die angespannte Beziehung zu ihrer Mutter und die Ansprüche der reichen Gesellschaft an sie könnten ihr gerade nicht weniger egal sein. Ihre Freundschaft zu Ivy ist angeknackst, ihre Beziehung ein Desaster und das Leben im Wohnheim mit Mitbewohnerin Josie ein Albtraum. Einzig der Video-Vlog über die Arbeit im Tierheim und der Job im Technik-Laden sind Bee als Halt geblieben.
Als sie sich schließlich von Mickey trennt, scheint es endlich wieder bergauf zu gehen. Bee genießt ihre wiedergewonnene Freiheit und beginnt sogar, im Gaming-Chatroom mit jemandem zu schreiben. Dieser Jemand entpuppt sich ausgerechnet als Maxi. Seines Zeichens WG-Mitbewohner von Ivy und der Einzige, der Bees nerdige Liebe für Gaming und Technik teilt. Je länger die beiden miteinander schreiben, desto mehr entwickelt sich eine enge Freundschaft zwischen ihnen.
Doch die heile Welt gerät ins Wanken, als Ex-Freund Mickey beginnt, Bee zu stalken. Um seiner besten Freundin zu helfen, schlägt Maxi vor, sich als ihr neuer Partner auszugeben. Eine scheinbar unverfängliche Idee, die schnell zu einem lodernden Feuer wird. Und schneller als ihr lieb ist, befindet sich Bee auf einer Gratwanderung zwischen dem, was ihr Herz begehrt und dem, was ihr Kopf ihr sagt …