Us o'Clock

(Times of Love #5)

Leseprobe

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Kapitel 1 - Maja

 

Mit zitternden Fingern strich ich das weiße Tischtuch vor mir glatt. Dann griff ich nach dem Weinglas, das vor mir stand und trank einen Schluck des köstlichen Rotweins, doch das ließ meine Nervosität nicht abebben. Ich musste mich dringend entspannen. Wenn ich weiterhin so zittrig war, sobald meine Verabredung eintraf, würde dieses Date kein gutes Ende nehmen. Allerdings war das leichter gesagt als getan.

Möglichst unauffällig zupfte ich an der Strumpfhose über meinem linken Knie, wo der Stoff unangenehm spannte, bevor ich die Hand zurück auf den Tisch legte. Für den Anlass hatte ich mich ausnahmsweise überzeugen lassen, ein Kleid anzuziehen, doch ich bereute es bereits. Mir war durchaus klar, dass der erste Eindruck zählte, aber ich hatte nie verstanden, weshalb man sich dafür aufbrezeln musste. Wollte man nicht erreichen, dass sein Gegenüber einen für das mochte, was man war? Warum sollte man sich dann dermaßen verkleiden? Ich wäre ja nicht in Jogginghose und Schlabbershirt gekommen - aber was war so verkehrt an Jeans und einem Pullover? Stattdessen saß ich hier in einem der drei Kleider, die ich besaß. Eins für Hochzeiten, eins für Beerdigungen und eins für Anlässe wie diesen. Selbst, wenn ich mich noch so unwohl darin fühlte. Immerhin besaß ich blickdichte Strumpfhosen, die die hässlichen Narben an meinem Bein vor der Welt verbargen.

Der Stuhl mir gegenüber wurde zurückgezogen und ich hob abrupt den Kopf. Daniel, ein ehemaliger Kommilitone meiner Freundin Bee, setzte sich und lächelte mich zurückhaltend an.

»Hey Maja«, begrüßte er mich mit ruhiger, melodischer Stimme. Instinktiv stellte ich mir vor, wie er als ausgebildeter Tierarzt so mit ängstlichen Hunden oder Katzen sprach. Vermutlich würde er innerhalb kürzester Zeit ziemlich beliebt werden und das nicht nur bei den Haustieren. Mit seinen breiten Schultern, dem blonden Haar und den grünen durchdringenden Augen sah er gut aus und allein deswegen machte ich mir eine gedankliche Notiz, Bee dafür zu danken, dass sie uns miteinander bekannt gemacht hatte. 

»Hi!«, erwiderte ich seine Begrüßung ein wenig zu euphorisch. »Schön, dass es geklappt hat, ich war mir nicht sicher, ob du es schaffen würdest. Bee hat erzählt, dass du jetzt in dieser Tierklinik in Detroit arbeitest? Macht es Spaß dort? Sind deine Kollegen nett? Ich hoffe es, denn es gibt nichts Schlimmeres, als ein mieses Betriebsklima, das finde ich zumindest und …« Daniels Räuspern unterbrach mich und mein Mund klappte zu. »Sorry, ich rede zu viel.« Zerknirscht nahm ich einen weiteren Schluck aus meinem Weinglas. Der Kellner hatte mich zweimal gefragt, ob ich mir sicher war, dass ich nicht auf meine Begleitung warten wollte, als ich den Wein bestellt hatte, doch ich bestand darauf. In meinem Kopf hatte ich mir vorgestellt, dass der Alkohol meine Nerven beruhigen und ich mich ein wenig entspannen würde, doch mittlerweile musste ich feststellen, dass dem nicht so war.

Ein Kellner erschien, bevor Daniel etwas zu meinem Wortschwall sagen konnte und bot an, ihm Wein einzuschenken. Aber Daniel hob ablehnend eine Hand. »Nein, danke, ich trinke keinen Alkohol.« Der Blick, mit dem er mein halb leeres Glas betrachtete, sagte mir allerdings, dass er es ebenso wenig schätzte, wenn andere in seiner Gegenwart tranken. Wie hatte er es bloß mit dieser Einstellung durchs College geschafft, wo es an jeder Ecke Partys und Saufgelage gab?

Strike eins und zwei, du Heldin, schimpfte ich innerlich mit mir und stellte kleinlaut mein Glas wieder ab. Schweigend beobachtete ich, wie der Kellner uns zwei Speisekarten hinlegte und sich dann verabschiedete.

»Tut mir leid, ich …«, begann ich, sobald er außer Hörweite war.

Daniel winkte ab und lächelte gequält. »Kein Problem, du konntest ja nicht wissen, dass ich keinen Alkohol trinke.« Er schlug die Karte auf und überflog die erste Seite, bevor er weitersprach. »Um einige deiner Fragen zu beantworten: ja, ich arbeite in Detroit und über das Betriebsklima kann ich mich nicht beschweren.«

»Gut! Gut, das ist … gut.« Peinlich berührt folgte ich seinem Beispiel und warf einen Blick auf das Menü. Ich kannte das Restaurant gut, deshalb brauchte ich nicht lange zu überlegen. Das Primavera, ein Italiener in der Fußgängerzone von Old Delbrook bot den perfekten Mix aus romantisch und gemütlich, wodurch er sowohl für einen Abend mit Freunden als auch für ein Date in Frage kam.

»Ich kann dir die Pasta empfehlen«, platzte es nach einigen Sekunden unangenehmen Schweigens aus mir heraus.

Nur kurz sah er über den Rand der Speisekarte und schenkte mir ein gequältes Lächeln. »Ich habe eine Glutenunverträglichkeit«, murmelte er verlegen. »Ich werde wohl bei einem Salat bleiben.«

Mit offenem Mund starrte ich ihn an. »Gluten…unverträglichkeit«, wiederholte ich schwach. Langsam fragte ich mich, ob dieses Date nur ein Albtraum war. Bestimmt würde ich gleich aufwachen und feststellen, dass die Verabredung erst kam. Hoffentlich. Unauffällig kniff ich mich unter der roten Tischdecke in mein rechtes Bein und zuckte zusammen. Schrumpelnde Schimpansenhoden. Das hier war definitiv kein Traum.

Daniel nickte. »Schon seit ich klein war. Ich nehme mal an, Bee hat dir nichts erzählt? Sie hat einmal mitbekommen, wie ich aus Versehen ein paar Brotchips gegessen habe. Das war … nicht schön.« Einige rote Flecken erschienen auf seinen Wangen und er hob eilig die Karte ein Stück höher, um sein Gesicht dahinter zu verstecken.

»Das hat sie nicht gesagt. Wenn ich gewusst hätte … ich hätte nie dieses Restaurant vorgeschlagen. Wir können woanders hingehen! Es gibt einen guten Asiaten zwei Straßen weiter! Oder … der Mexikaner?«, überlegte ich laut und sah uns bereits den halben Abend durch die Stadt fahren, auf der Suche nach einem passenden Laden.

Abwinkend schüttelte er den Kopf. »Nein, ist schon in Ordnung. Ein Salat ist gut für mich.« Dabei tätschelte er seinen nicht vorhandenen Bauch und ich blinzelte ungläubig. An Daniel war kein Gramm Fett. Wo ich Rundungen besaß, teils sehr großzügige wohlgemerkt, gab es bei ihm nur Muskeln. Für einen Tierarzt war er verdammt trainiert. Bei seiner Bemerkung fragte ich mich automatisch, ob das bedeutete, dass ich ebenfalls einen Salat essen sollte. Vorsichtig schielte ich an meinem Körper hinab. Das Kleid saß schon ziemlich eng … andererseits war ich seit Ewigkeiten nicht mehr hier gewesen und ich hatte Marcos Pasta aglio e oglio vermisst. Nein, beschloss ich. Ich würde mir mein Abendessen nicht vermiesen lassen.

»Die Salate sind auch lecker«, sagte ich, um wenigstens so zu tun, als würde ich Ahnung von dem Grünzeug haben. Dabei waren meine Freundinnen diejenigen, die regelmäßig Salat bestellten. Selbst Dylan aß das Zeug häufiger als ich, aber das war bei seinem Ernährungsplan auch nicht verwunderlich. 

Der Kellner kehrte an unseren Tisch zurück und wir gaben unsere Bestellung auf. Kurz glaubte ich zu sehen, wie sich Daniels Miene zu einer Grimasse verzog, als ich meine Pasta bestellte, doch sobald ich ein zweites Mal zu ihm schaute, lag ein zurückhaltendes Lächeln auf seinen Lippen. Vermutlich hatte ich es mir nur eingebildet.

Ein unangenehmes Schweigen legte sich über uns, sobald wir wieder allein waren. Bevor es zu peinlich werden konnte, erinnerte ich mich an die Liste mit Gesprächsthemen, die ich mir extra im Vorhinein geschrieben hatte. »Das Wetter ist furchtbar, oder?«, fragte ich und zupfte an der Tischdecke, um meine Finger zu beschäftigen.

»Mhm«, gab Daniel knapp zurück und ich verfluchte ihn gedanklich. Konnte er sich nicht zumindest ein wenig an dem Gespräch beteiligen?

»Ich hoffe wirklich, dass es bald wärmer wird«, redete ich ungerührt weiter. »Ich vermisse den Sommer. Vor zwei Jahren war ich mit Bee und einigen anderen Freunden am Meer, hoffentlich können wir das bald wiederholen. Hast du vor, in den Urlaub zu fahren?«

»Das wäre schön, ja«, erwiderte mein Gegenüber und innerlich frohlockte ich, weil er mehr als ein Wort von sich gegeben hatte. Was vermutlich ein wenig traurig war, aber ich nahm, was ich kriegen konnte.

»Magst du lieber das Meer oder die Berge?«, setzte ich meine Fragestunde fort und stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte. Dabei hätte ich beinahe mein Weinglas umgeworfen, doch Daniel fing es reflexartig auf, bevor auch nur ein Tropfen der roten Flüssigkeit daneben ging. »Hoppla. Danke!« Verlegen schob ich das Glas ein paar Zentimeter weiter in Richtung Tischmitte und wandte mich wieder ihm zu. »Also?«

»Ähm … Berge, denke ich«, antwortete Daniel und wirkte ein wenig überrumpelt. »Ich gehe gerne wandern.«

»Wirklich?« Diesmal war ich diejenige, die das Gesicht etwas verzog. Mit meinem Bein war Wandern für mich ein Graus, aber selbst vor dem Unfall, als ich noch regelmäßig mit meiner Schwester Melli campen gegangen war, empfand ich den Weg, bis wir bei unserem jeweiligen Zeltplatz angekommen waren, immer am anstrengendsten. Trotzdem fragte ich: »Was magst du daran? Die Luft? Die …« Krampfhaft überlegte ich, was man beim Wandern Spannendes sehen konnte. »Blumen? Kühe! Bestimmt gibt es Kühe!«

Daniel schnaubte belustigt. »Wann warst du denn das letzte Mal wandern? Und vor allem wo

»Ist schon eine Weile her«, gab ich verlegen zu und grinste dann. »Also? Was ist es?«

»Ganz ehrlich? Der Ausblick ist vermutlich das Beste daran. Je höher du kommst, desto schöner wird er.« Er lächelte und schien einen Moment lang völlig in Gedanken versunken, bevor er den Kopf schüttelte. »Aber zurzeit arbeite ich viel. Ich komme nicht besonders oft zum Wandern.«

»Oh.« Mitfühlend sah ich ihn an. Erst jetzt fielen mir die leichten Schatten unter seinen Augen auf. Er wirkte tatsächlich erschöpft. Hatte er das bisschen Freizeit, das ihm vergönnt war, etwa für mich geopfert? Augenblicklich gewann er mehrere Sympathiepunkte und ich verzieh ihm sein wortkarges Verhalten zu Beginn des Dates. »Wo siehst du dich denn in zehn Jahren?«, erkundigte ich mich und hakte vor meinem inneren Auge eine der Fragen ab, die auf meiner Liste standen.

Verwirrt blinzelte Daniel. »In zehn Jahren? Wie kommst du denn darauf?«

Achselzuckend lehnte ich mich zurück und trank mein Weinglas aus. »Ich finde, so etwas sollte man frühzeitig besprechen, findest du nicht? Nicht, dass wir völlig unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft haben. Was, wenn du vorhast, in zwei Jahren deinen Job hinzuschmeißen und dann in einem Van durch Mexiko zu reisen? Und ich währenddessen darauf warte, dass du mir einen Antrag machst und mir …« Bevor ich den Satz zu Ende sprechen konnte, klappte ich den Mund zu und presste die Lippen aufeinander. Diese Büchse der Pandora würde ich nicht beim ersten Date öffnen. Es war eine Sache, abzuklären, ob die Zukunftsvorstellungen zweier Menschen kompatibel war - eine ganz andere Sache über Familienplanung zu sprechen. 

»Ich … du …« Daniels Gestammel wurde vom Kellner unterbrochen, der unser Essen brachte. Ich bemerkte das Zögern in seinen Bewegungen, als er kurz überlegte, für wen der Salat und für wen die Pasta war, doch glücklicherweise schien er sich rechtzeitig zu erinnern. Tonlos atmete ich auf, als er den Teller mit Nudeln vor mich stellte und mir der köstliche Geruch nach Knoblauch in die Nase stieg. Erst da wurde mir bewusst, dass ich für ein Date nicht die geschickteste Wahl getroffen hatte. Ein stinkender Atem lud nicht unbedingt zum Küssen ein - selbst dann nicht, wenn man Knoblauch mochte. Darüber hatte ich mir bei der Bestellung überhaupt keine Gedanken gemacht. Der Einzige, dem ich normalerweise nah genug kam, dass es ihm etwas ausmachen könnte, war Dylan und er aß meist selbst so viel Knoblauch, dass es ihm nicht einmal auffiel. Doch Daniel hatte nur einen schlichten Salat bestellt, an dem ganz sicher kaum Gewürz dran war, überlegte ich, während ich skeptisch den Haufen Grünzeug auf seinem Teller begutachtete.

»Stimmt etwas nicht?«, fragte er in diesem Moment und ich zuckte zusammen. 

»Nein! Nein, alles prima, alles gut, alles … fantastisch.« Der Geruch der Pasta ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen, aber ich griff nur zögerlich nach meinem Besteck. »Guten Appetit«, wünschte ich und zwang mich zu einem Lächeln. 

»Ebenso.« Mit überraschend viel Begeisterung spießte Daniel Blätter und Rohkost auf seine Gabel und schob sie sich in den Mund. Dem genießerischen Gesichtsausdruck nach, der daraufhin auf seinem Gesicht erschien, schmeckte es gut.

Da ich einen Bärenhunger hatte und es ohnehin zu spät war, meine Bestellung zu ändern, begann ich ebenfalls zu essen. Die Geschmacksexplosion, die auf den ersten Bissen folgte, war jedes Mal wieder eine Offenbarung. Nur Raphael, der Freund meiner Freundin Ivy und Dylans Mitbewohner, kam mit seinen Kochkünsten an die Qualität von Marco heran.

»Der Salat ist wirklich gut«, sagte Daniel nach einer längeren Pause, in der wir schweigend unser Essen genossen. 

Da ich gerade den Mund voll hatte, nickte ich nur. Sobald ich heruntergeschluckt hatte, lächelte ich glückselig. »Die Nudeln auch. Möchtest du mal …« Ich hatte bereits die Gabel mit einer neuen Portion erhoben, bevor mir einfiel, dass ich ihn besser nicht probieren lassen sollte. Verlegen ließ ich die Hand wieder sinken. »Sorry.« 

Daniel winkte ab und grinste. »Kein Problem. Es sieht wirklich gut aus. Vielleicht probiere ich mal, das zuhause mit glutenfreien Nudeln nachzukochen.«

Begeistert nickte ich. »Mach das unbedingt! Kannst du gut kochen?« 

Vage hob er eine Schulter. »Es geht. Da es nur wenige Restaurants gibt, die glutenfreies Essen servieren, musste ich es gezwungenermaßen lernen. Aber gut ist relativ.«

Verstehend nickte ich. Vermutlich war es schwierig, immer auf die Zutaten von Lebensmitteln achten zu müssen.

Während wir wieder schwiegen, wurde mir bewusst, dass er meine Frage nie beantwortet hatte. Kurz überlegte ich, ihn erneut darauf anzusprechen, doch er hatte so überfahren gewirkt, dass ich mich dagegen entschied. Mir war klar, dass nicht jeder so wie Ivy und ich waren und die nächsten zehn Jahre seines Lebens durchgeplant hatte. Und im Gegensatz zu meiner Freundin war dieser Plan für mich nicht in Stein gemeißelt, sondern gab mir lediglich eine Richtung. Ich fand es wichtig, wenigstens eine grobe Idee zu haben, wohin man gehen wollte, auch wenn ich wusste, dass es viele in unserem Alter gab, die das anders sahen.

Nachdem ungefähr die Hälfte unserer Teller leer war, entschied ich mich dazu, eine andere Frage zu stellen. »Was suchst du in einer Beziehung?«

Daniel verschluckte sich. Hustend griff er nach seinem Wasserglas, trank einen Schluck und starrte mich dabei über den Rand mit geweiteten Augen an.

Verständnislos blickte ich zurück. Hatte ich etwas Falsches gefragt?

»W-was?« Seine Stimme klang immer noch heiser, als er das Glas abstellte und sich mit einer Serviette über den Mund fuhr.

»Was was?« Stirnrunzelnd überlegte ich, was ihn so aus dem Konzept gebracht haben konnte. Meine Frage ja mit Sicherheit nicht.

»Du …« Er brach ab und mir wurde mulmig zumute. Offensichtlich hatte ich irgendeinen Fehler begangen. 

»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte ich besorgt und legte mein Besteck beiseite. Mir war der Appetit vergangen.

»Was erwartest du von diesem Treffen?«, stellte Daniel die ungläubige Gegenfrage.

»Ist das eine Fangfrage?« Ich war mir nicht sicher, was für eine Antwort er erwartete.

»Nein, beantworte einfach meine Frage.«

»Ein … weiteres Date?«, sagte ich nach kurzem Zögern hoffnungsvoll, doch sein verkniffener Gesichtsausdruck deutete eher auf das Gegenteil hin. Großartig, Maja, einfach großartig, schimpfte ich stumm mit mir selbst, während ich Gabel und Löffel auf meinem Teller ablegte. Dieses Date war damit wohl beendet.

»Es tut mir leid«, begann Daniel und seiner stockenden Stimme merkte ich an, dass er sich schwertat, die richtigen Worte zu finden. »Du bist … sehr nett …«

Nett ist die kleine Schwester von scheiße, flüsterte eine innere Stimme mir zu und ich musste mich zwingen, nicht zusammenzuzucken.

»Aber das mit uns …« Er wedelte mit einer Hand zwischen uns hin und her, während er den Kopf schüttelte. Deutlicher konnte er nicht machen, dass er dieses Date für Zeitverschwendung hielt.

»Alles klar«, sagte ich, betont locker. Ich würde mir nicht anmerken lassen, wie sehr mich diese Abfuhr - die fünfte in diesem Jahr und dabei war es gerade Februar - traf. »Kein Problem. Es hat mich gefreut, dich kennenzulernen.«

Daniel nickte und sein Lächeln wirkte wieder gequält. Er hatte seinen Salat bereits aufgegessen und erhob sich nun zögernd. »Ich werde dann mal …« Mit dem Daumen deutete er über die Schulter in Richtung Ausgang.

»Sicher«, murmelte ich. Es fiel mir mit jeder Sekunde schwerer, meine Niedergeschlagenheit für mich zu behalten. Schweigend beobachtete ich, wie er seine Tasche nahm, ein letztes Mal verlegen die Hand zum Abschied hob und dann ging. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, wie er kurz an der Bar stehen blieb und mit dem Kellner sprach. Ich hoffte, er würde zumindest seinen Anteil des Essens bezahlen, doch andererseits würde es zu diesem furchtbaren Abend passen, wenn Daniel nun die Zeche prellte.

Warum war nur schon wieder alles schief gegangen? Es war mir unbegreiflich, warum jeder Kerl, mit dem ich ausging, nach wenigen Stunden die Flucht ergriff. War ich denn so unausstehlich? Trotz meiner üppigen Kurven würde ich mich nicht als unansehnlich bezeichnen, aber vielleicht war ich einfach an Männer geraten, die allesamt auf Hungerhaken standen? Andererseits wussten sie, mit Ausnahme von Daniel, mit wem sie sich treffen würden, also nahm ich an, dass sie zumindest den Anstand gehabt hätten, abzulehnen, als ich gefragt hatte. War das vielleicht der Fehler gewesen? Bee hatte irgendwann einmal erzählt, dass sie gelesen hätte, Männer wollten keine Frauen, die leicht zu haben seien. Damals hatte ich das für Blödsinn gehalten. Warum sollte man nicht seine Absichten deutlich machen? Ich hasste es, im Ungewissen zu sein und darauf zu warten, dass mein Gegenüber zu einer Entscheidung kam. Dafür war ich viel zu ungeduldig.

»Miss?« Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich zuckte zusammen. Als ich den Kopf hob, sah ich den Kellner mit einem entschuldigenden Lächeln neben mir stehen. »Ihre Begleitung hat seinen Anteil bereits beglichen. Möchten Sie, dass ich Ihnen den Rest einpacke?« Er deutete mit einer Hand auf meinen halbleeren Teller und ich folgte ihm mit dem Blick.

»Oh … ja, bitte. Und bringen Sie mir die Rechnung, bitte.« Es hatte keinen Sinn, länger hier herumzusitzen. 

»Sehr gerne, Miss.« Er verschwand mit meiner Pasta und ich ließ mich stöhnend auf meinem Stuhl zurücksinken. Wenigstens würde ich zuhause noch ein Abendessen haben. Meine Eltern waren an diesem Abend selbst ausgegangen, was bedeutete, dass ich zumindest meine Ruhe hatte und Mom mich nicht ausfragen würde. Es war nicht so, dass ich nicht über das Date reden wollte, aber sie setzte noch mehr Hoffnungen in diese Treffen als ich und das sollte schon etwas heißen.

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Maja und Dylan, Dylan und Maja.

Seit frühester Kindheit sind sie unzertrennlich und haben Höhen und Tiefen miteinander erlebt. Dass Maja in Dylan verliebt ist, weiß sie seit geraumer Zeit und auch seine Gefühle sind eigentlich für jedermann offensichtlich. Trotzdem blockt er jeden Versuch ihrerseits, die Beziehung zu vertiefen, ab.

Unterstützt von ihren Freunden entschließt sich Maja schließlich schweren Herzens, andere Männer zu daten. Das ist allerdings leichter gesagt, als getan.

Als es beinahe aussichtslos erscheint, schlägt Dylan plötzlich vor, ihr zu helfen. Doch mit jedem Mal wird es schwieriger, sich daran zu erinnern, dass die Dates, auf die er sie entführt, nur Fake sind.

Was ist real und was nur gespielt?